Die Foto-Community 500px und ich

Was ist 500px?

500px — sprich five-hundred pixels, Fünfhundert Pixels — ist eine auf professionelle und semiprofessionelle Fotografie ausgelegte, englischsprachige Plattform. Registrierte Nutzer, die ich von nun an User nenne, können hier ihre Fotos hochladen und veröffentlichen. Neben dem Foto an sich besteht die Möglichkeit weitere (Meta-) Informationen anzugeben. Dazu zählen Titel, Beschreibung, Geotags, Stichworte (Tags) und die Einordnung in eine der vorgegebenen Kategorien, wie z.B. City & Architecture, Travel, Nature, People, Black and White, usw.

Lizenzen

Die hochgeladenen Bilder können mit verschiedenen Lizenzen versehen werden, welche die Weitergabe- und Verwendungsrechte durch Dritte sowie durch 500px selbst regeln. Im Vergleich zu Plattformen wie z.B. Facebook, welche sich die Verwendung jeglicher in ihren Diensten bereitgestellten Daten vorbehalten, bleiben hier alle Rechte standardmäßig beim User. Dafür wird die sogenannte 500px-Lizenz angeboten. Diese ist vergleichbar mit dem gängigen Copyright-Vermerk All rights reserved. Damit verbleiben alle Verwertungsrechte beim User. Wer seine Fotos mit einer liberaleren Lizenz versehen möchte, hat die Möglichkeit eine der zahlreichen Creative Commons Lizenzen zu nutzen.

Der Pulse

Das Alleinstellungsmerkmal von 500px ist der sog. Pulse, ein (im übertragenden Sinne) seismographischer Messwert, der die Stärke des Bebens, welches ein Foto in der Community verursacht, misst. Ein hoher Pulse symbolisiert, dass ein Foto den Geschmack des Publikums getroffen hat und führt durch die übliche dem Pulse nach sortierte Publikation der Fotos zu noch mehr Aufmerksamkeit. Doch was ist ein hoher Pulse und wie erreiche ich ihn?

Generell erstreckt sich die Pulse-Skala von 0.0 bis 100.0, wobei 100.0 der maximal erreichbare Wert ist und 0.0 einem noch Foto zugeordnet ist, das noch überhaupt keine oder sehr lang keine Beachtung gefunden hat. Wie genau der Pulse berechnet wird, ist Geschäftsgeheimnis und somit bleiben nur Mutmaßungen. Da der Pulse die Aufmerksamkeit misst, wirken sich ohne Zweifel (die 500px-eigenen) Likes und Favorites positiv aus. Favorites stellen dabei eine verstärkte Form des Likes dar. Ein fremdes Foto als Favorite zu markieren, bedeutet, dass es dauerhaft dem „Album“ favorisierter Aufnahmen hinzugefügt wird, welches jeder User als Bestandteil seines Profils besitzt. Somit bleibt ein Favoritenfoto dauerhaft (mehr oder weniger) prominent platziert, wohingegen ein Like, wie auch bei Facebook, nur ein kurzzeitiges Erscheinen im Flow, dem persönlichen Newsfeed von Usern, bewirkt. Weiterhin spielt die Zeitspanne innerhalb derer ein gewisser Betrag an Aufmerksamkeit, also Likes und Favorites, generiert wurde, eine wichtige Rolle. Widmen sich 100 User im Verlaufe einer Minute dem Foto, so wird dies einen weitaus höheren Pulse zur Folge haben, als wenn die gleiche Anzahl User nach erst einer Stunde erreicht ist.

500px stellt zudem drei Views bereit, in denen Fotos entsprechend der Höhe ihres Pulse eingeordnet werden. Diese Views könnte man auch als Ligen beschreiben. Je höher der Pulse, umso höher auch die Liga. Jedes Foto kommt zu Beginn in die View Fresh, in der sich ausschließlich die aktuellsten Aufnahmen befinden. Erreicht ein Foto während es „fresh ist“ einen Pulse größer 70, wird es in der View Upcoming gelistet. Fresh und Upcoming sind chronlogisch nach dem Zeitpunkt des Fotouploads geordnet. Sobald der Pulse eines Fotos größer 80 ist, befindet es sich in der Popular-View. Diese ist nun nach absteigendem Pulse sortiert. Jene Fotos mit dem höchsten Pulse befinden sich auf der ersten Seite und werden sehr prominent auf der Startseite der Foto-Community platziert. Mit der Zeit sinkt gemeinsam mit dem abnehmenden Interesse auch der Pulse eines Fotos.

Preisgestaltung

Natürlich gibt es das Ganze nicht zwangsläufig kostenlos. Allerdings bietet 500px einen Gratis-Account an, welcher dem User schon eine ganze Menge an Möglichkeiten einräumt. Die Spanne reicht von der Gestaltung eines individuellen Profils, über den Upload einer auf 20 begrenzten Zahl von Fotos pro Woche, bis hin zu der Teilnahme an den genannten Interaktionsmöglichkeiten (Likes, Favorites, Kommentare). Des Weiteren dürfen generell veröffentlichte Fotos zum Kauf angeboten werden. Darüber hinaus gibt es zwei kostenpflichtige Premium-Account-Modelle, welche mit weiteren Funktionalitäten aufwarten.

Der Plus-Account erweitert den kostenlosen Funktionsumfang um die Möglichkeit Fotos in eigenen Kategorien auf dem persönlichen Profil zu sortieren. Zudem erhält man Zugriff auf Statistiken, welche über die Zählung von Foto-Views hinausgeht. Ein solcher Account kostet gegenwärtig 25 Dollar pro Jahr. Die größte Ausbaustufe eines Accounts heißt Awesome und kostet 75 Dollar pro Jahr. Er erweitert die Möglichkeiten des Plus-Accounts in Richtung Webhosting. So können User mit Awesome-Account ein Personalized Portfolio anlegen und eine eigene 500px-Subdomain einrichten. Weitere Informationen zu den verschiedenen Accounts finden sich auf der 500px-Website.

500px im Gebrauch

Neben diesem Blog benutze ich nahezu seit Anfang an Facebook, um meine Fotos und Beiträge zu propagieren. Allerdings stellte ich immer wieder fest, dass Fotos und Meldungen dort sehr schnell im digitalen Moloch unzähliger Facebook-Beiträge verschwinden. Selbst treue Follower übersehen des Öfteren meine Beiträge. Das macht mich unzufrieden. Gegen diesen typischen Lebenszyklus einer Facebook-Meldung wirkt das 500px-Konzept wie ein Segen. Zudem tummeln sich hier Leute mit Affinität zur Fotografie, was bei Facebook ebenfalls nicht zwangsläufig der Fall ist. Die Hoffnung, meine Fotos einem größeren Publikum präsentieren zu können und die Erwartung einigen hilfreichen Feedbacks waren die Hauptgründe für meine Anmeldung. Ich nutze meinen Account kostenlos, da ich zum einen eh nicht mehr als 20 Foto pro Woche produzieren könnte und zum anderen kein Interesse an 500px-Webhosting habe. Schließlich kann ich das selbst ;). Erweiterte Statistiken und die Möglichkeit zur Sortierung meiner Fotos sind reizvoll, aber in meinen Augen keine 20 Dollar im Jahr wert.

Nachdem ich mich angemeldet hatte, war mein Profil schnell erstellt. Zur Vollständigkeit wird neben einigen Informationen über den User und seine Fotografie noch Profil- und Coverfoto benötigt. Gut, dass ich beides zur Hand hatte. Der erste Fotoupload geht locker von der Hand. 500px versucht im Anschluss aus den hochgeladenen Fotos weitestgehend alle Metainformationen auszulesen, was die Veröffentlichung noch ein wenig beschleunigt. Nicht erkannte Informationen lassen sich einfach im Nachhinein hinzufügen. Ist die Fleißarbeit dann erledigt, wird das Bild veröffentlicht und für alle 500px-User sichtbar.

Und siehe da, meine Fotos erlangen innerhalb von wenigen Minuten mehr Aufmerksamkeit, als sie es bei Facebook über Tage nicht erreicht hätten. Augenscheinlich arbeitet der Pulse-Algorithmus gut und zeigt meine Fotos vielen Usern. Schnell ist auch der Pulse-Wert selbst in unerwarteten Höhen. Upcoming, Popular, ruckzuck.

Der Erfolg freut den Fotografen und ermutigt ihn weitere Bilder zu zeigen. Als ich schon glaubte, dass jedes Bild einschlägt, kommt die erste Ernüchterung. Anscheinend ist es  — oh Wunder – doch nicht so.  Das holt die Füße auf den Boden zurück und richtet den Blick wieder darauf, was 500px sein sollte, nämlich kein Fotolager aller halbwegs getroffenen Aufnahmen, sondern eine Galerie der gelungensten Aufnahmen, welche Lust auf mehr machen. Und für mehr gibt es dann meinen Blog.

Kritisches

Ist also alles Sahne? Der Erfolg einiger Fotos suggeriert, dass ich wirklich hervorragend außergewöhnliche Aufnahmen geschossen habe. Betrachtet man jedoch alles mit ein wenig Abstand fällt auf, dass einige Aufnahmen von immer dem selben Kreis an Usern Likes, Favorites und Standardkommentare (á la „Amazing capture!“ und „Beautiful shot“) bekommen. Meinen die es wirklich erst? Wohl nicht! 500px ist im Endeffekt auch nur ein soziales Netzwerk, in dem es häufig weniger um das Sehen als viel mehr um das Gesehenwerden geht. Selbst viele Retortenkommentare abzugeben und zig Fotos zu bewerten, verspricht einen erhöhten Bekanntheitsgrad und höhere Reichweite der eigenen Bilder. (Hatte ich erwähnt, dass Fotos auch verkauft werden können? Wo Geld ist, muss auch Werbung sein.) Das ist schade, aber wohl nicht zu vermeiden. Ich hatte mir anfänglich mehr konstruktives Feedback erhofft.

Ein weiterer kritischer Aspekt ist der typische 500px-Look. Knackige Kontraste, apokalyptisch dramatische Himmel, HDR bis der letzte Grashalm das Monitorpanel zerkratzen kann, das sind Fotos, die Tausende User auf den Plan rufen. Ob das immer ein absolutes Qualitätsmerkmal ist, finde ich stark zweifelhaft. Subtilere Aufnahmen, mehr inhaltliche Aussage, weniger Drama, haben häufig kaum eine Chance, die ihnen gebührende Aufmerksamkeit zu erhalten. Das heißt, entweder den Look bedienen oder darüber freuen, dass (nur) einige Wenige, die bereit sind, sich auf ein Foto einzulassen, dessen wahre Qualität erkannt haben.

Fazit

500px ist bisher meine einzige Foto-Community. Daher fällt ein vergleichendes Fazit schwer. Weil es allerdings schon genügend Arbeit macht, Blog, Facebook, Twitter, Vimeo und 500px zu pflegen, wird es wohl auch die einzige bleiben. Irgendwann möchte man ja auch mal fotografieren (oder schlafen).

Dennoch gefällt mir die Community sehr gut. Der Pulse ist ein super Messwert für die Massentauglichkeit eines Fotos, wenn auch weniger ein Indiz für dessen Qualität. Trotzdem zeigt sich, dass die Zugriffe auf Fotos in meinem Blog, die auf 500px populär waren, gestiegen sind, stellenweise signifikant. Des Weiteren hält dieser Effekt länger an als bei Facebook und Twitter zusammen.

Was mir weiterhin fehlt sind die ehrlichen Nutzer. Jene, die Like klicken, weil das Foto gut ist und nicht weil sie ihren Namen auf möglichst jeder Seite des Dienstes sehen möchten. Ich bin daher dazu übergegangen selbst Fotos von andere Fotografen kritisch zu bewerten und zu kommentieren. Der Effekt waren mehrere angeregte Diskussionen. Es gibt sie also doch, die wirklich interessierten User neben mir! Ich habe ja noch gar nicht erwähnt, dass User auch Follower anderer User werden können. Jedenfalls habe ich auf diesem Weg (wenn bisher auch nur wenige) Follower gefunden, von denen ich weiß, dass sie das ein oder andere Foto auch angeschaut haben, bevor sie es bewerteten.

Inzwischen habe ich die Belieferung von 500px etwas reduziert. Somit hab ich mehr Raum zu entscheiden, welche Fotos ich zeigen möchte. Schließlich sollen diese ja meine Art zu fotografieren am besten wiedergeben. Und wenn ich dann noch etwas Anerkennung dafür erhalte, dann ist das schön und 500px hat sich für mich gelohnt.